Bremer Straßenbahn - 80er Jahre
Dokumente - Linienstempel
Mitte der 80er Jahre
Links die damaligen Strassenbahnlinien 1, 2, 3, 5, 6, 10. Das genaue Datum kann ich nicht mehr zuorden, die Stempelserie wird aber wohl 1983 - 1985 entstanden sein. Wahrscheinlich 1984. Denn die Papierstreifen waren nur sehr unsauber ausgeschnitten (hier natürlich digital exakt bearbeitet), das spricht für ein damaliges Alter des Autors von max 10-12 Jahren. Denn mit 13 hätte ich die Kärtchen sicher schon mit Reissbrett (ich bekam damals eines in A3), zumindest mit Geodreieck vorgezeichnet und dann mit Messer und Lineal ausgeschnitten, statt so unsauber mit Schere. Auch ist das nur sehr dünnes Reste-Abfallpapier, etwas später hätte ich da sicher dickeres Tonpapier für genommen. Beschriftung von damals mit einer mechanischen Schreib- maschine auf extra Papier getippt, dann ausgeschnitten und auf die Streifen geklebt. Man sieht hier, zufällig in der Reihenfolge, dass ich um 9:35 Uhr mit der 1 losgefahren bin, um 10:20 Uhr die 2 an der Domsheide abgestempelt habe, um 10:35 die 3 an der Mozartstrasse (heute "Theater am Goetheplatz") und um 10:40 wieder an der Domsheide die 5. Möglicherweise lag die 6 um 10:10 am HBF auch noch dazwischen. Ich finde es heute wieder mal ein etwas merkwürdiges Gefühl, plötzlich so gut rekonstruieren zu können, auf welchem Weg (relativ banaler Alltagsweg), ich mich vor einem Vierteljahrhundert bewegt habe. Die Stempel habe ich mir ja seitdem gar nicht mehr so genau angeschaut. Als Anekdote weiss ich noch, wie ein Opa im Bus, der beim Stempeln zufällig neben mir stand, mich belehrend ansprach: "Das-ist-aber-gar-keine-echte-Fahrkarte" u.s.w... und wohl schon auf halben Wege war, mein "Schwerverbrechen", einen leeren Papierstreifen abzustempeln, dem Fahrer zu melden... |
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Haltestelle der Linie 20: Wahrscheinlich Horner Kirche. Linie 22: Wahrschl. H-H-Meier-Allee. Im Juni 1984, fuhr ich das erste Mal mit 24-Std-Tageskarte (siehe "Fahrkarten") die Bremer Linien ab. Als erstes die 1 nach Osterholz-Tenever. Etwas später dann auch so Seltenheiten wie z.b. die 27 oder 28, die damals nur kurze Stichstrecken z.B. zum Hohweg bedienten und entsprechend lange Taktraten hatten, oder überhaupt nur werktags fuhren. Oder die 61 + 62 nach Hasenbüren und Sandhausen raus. Beide 60er-Linien wurden abwechselnd vom gleichen Fahr- zeug und Fahrer bedient. Ich war der einzige Fahrgast damals auf beiden Linien, die ich auch direkt nacheinander abfuhr. Der Fahrer muss sich gewundert haben warum ein 11jähriger mit dem Bus soweit raus - mit dem gleichen Bus wieder zurück - und auch noch die zweite Strecke auf diese Weise abfährt. Ich fühlte mich als einziger Fahrgast, während der Bus über die Landstrassen donnerte, sicherlich etwas, wie sich der Mann aus Michael Endes Geschichte "Nach Bureauschluss" aus "Der Spiegel im Spiegel" fühlt, der am Ende völlig allein in der Strassenbahn durch eine unbekannte Wüstenei fährt und eigentlich gar nicht begreift, was überhaupt sein Ziel ist... Die Stempel hatte ich zu jener Zeit, als ich alle Linien abge- fahren hatte, jedoch noch nicht gesammelt. Erst ein Besuch bei einem fünf Jahre älteren, entfernten Verwandten in Berlin, der mir sein ganzes, dickes Album voller Berliner Linien- stempel - entweder "nur" alle Berliner Linien, oder sogar alle Haltestellen - zeigte, da dachte ich: Da kannst du doch als alter Linienabfahrer nicht untätig bleiben...! Immerhin brauchte ich für die Stempel ja nun nicht mehr die ganzen Strecken durchfahren, sondern es reichte 1x in den Bus reinzuspringen, "Tschakka" zu machen und gleich wieder raus. Die seltenen Linien habe ich dennoch nicht mehr geschafft. |
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Auf meiner Albumseite zeugen abgezählte freie Slots zwischen den Streifen wohl von den entsprechenden Linien, die noch folgen sollten. Als da fehlen in etwa: 23, 27, 28, 35, 38, 52, 53, 55, 61, 62, 72, 75, 77, 78, 79, 99. Genau weiss ich es nicht, welche Liniennummern damals aktiv waren, einen 80er-Jahre Plan habe ich grad' nicht hier, schau' ich demnächst noch mal nach. S-Linien gab es m.E. nur auf der 30 und 70/71. Interessant wären auch die fest installierten Stempler auf Bhf, Brill + Domsheide gewesen. Wo standen die eigentlich sonst noch? Links historisch: Die Buslinien 30 bis 34, die damals schon ab Domsheide auf der heutigen Linie 4 fuhren. Auch hier sieht man etwas den Verlauf: Um 17:15 Uhr in Züricher Str. die Linie 36 und um 17:30 in Sebaldsbrück die Linien 37, 21 und die 34, mit der ich dann wahrscheinlich wieder zurück gefahren bin. ........................................................................................... Ach, was hat man früher nicht alles gesammelt... Erwähnter, entfernter Berliner Verwandter war als Teenager schon - ich weiss nicht exakt - Berliner Rekordhalter, oder Deutscher Rekordhalter, oder sogar schon Anwärter auf den Guinnesstitel im Dosensammeln! Die ganzen Wände seines, bzw eines Zimmers über und über voll mit Dosen aus aller Welt auf speziell angebauten Regalen! War wirklich beeindruckend! Da waren ganze Bilder dabei, die aus einzelnen, anteilig bedruckten Dosen, sozusagen wie aus einzelnen Pixeln zusammengesetzt waren und im Ganzen ein Raumschiff oder sowas zeigten. Später hat er seine Sammlung veräussert. Seinen Namen "Dose" hat er bis heute behalten... ;) Meine geilste Sammlung war vielleicht die von "Comet-Pfeilen". Also diese Abriss-Wartemarken, sog. Fleischmarken, die man am Fleischstand oder an der Käsetheke ziehen muss / musste. Das waren damals, um 1980, noch nicht so schnöde Digital- ausdruck-Schnipsel, wie heute, sondern relativ grosse, form- |
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schöne, abgerundete Pfeile (so eine Art längliche Herzform) mit kräftiger Nummer drauf! Also noch so richtig 70er Jahre psychedelic-Form und farblich in orange-bis-giftrosa gehalten. Kultig! Aus Einzelblättern hatte ich mir dann ein grosses Poster zusammengeklebt, bei denen ich in 10er-Reihen die Umrisse der Pfeile 01 bis 99 (gab's auch 00 ? -> weiss gar nicht mehr) zeichnete, mit den Nummern vorbeschriftete - und immer wenn ich einen neuen fand, oder bekam, den ich noch nicht hatte, dann konnte ich ihn stolz einkleben. Das war meines Erachtens sogar noch vor der Zeit der Cola- Knibbelbilder - für die es dann ja auch solche Wandposter zum einkleben gab. Das Prinzip lag jedenfalls im Zeitgeist und Trend. Auch ein Freund fing dann damals an, die Pfeile zu sammeln, wir hatten Tauschmaterial und konnte nun gemeinsam auf Feldzug zu Comet gehen, uns da rumtreiben und gucken, wo wir da Pfeile auf dem Fussboden liegen sahen oder draussen in den Einkaufswagen (natürlich nur in sammelwürdigem Zustand zu gebrauchen). Manchmal brachte mir auch mein Vater einen Pfeil mit und ich: "Meeensch, die Nummer 73!! Dankeee! Supeer!! Jetzt habe ich die 70er-Reihe voll!!" Überlege gerade: Wo ist das Poster eigentlich geblieben?? Wartet mal eben einen Moment: "Maamaaa, wo ist mein Poster mit den Pfeilen...???....wie, was...was heisst...weg? Weg im Schrank oder weg im Bettkasten...?? Wie...was... weg heisst ganz weg?? ;-) Im Ernst: Das Ding wäre heute, in Glas gerahmt, ein 1A-Pop- Art-Kunstwerk aus der Spät-70er-Anfang-80er-Jahre-Kultur! Warum schmeisst man immer das Beste so achtlos weg? :-/ Glaube aber sogar, jemand, dem's gefiel, habe ich's mal mitgegeben. Oder doch im Kamin gelandet? Uhu brannte immer so grünlich... Ach ja, lang, lang ist's her... ............................................................................. Unten die 70er-Linien nach / in Bremen-Nord. Haltestelle Linie 70: Wahrscheinlich Gröpelingen Linie 71: Wahrschl. 1-2 Stationen weiter. Linie 73+74: Wahrschl. Stader Landstr, o.ä. |
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Erich Kästner Zitat aus "Nächtliches Rezept für Städter" Man nehme irgendeinen Autobus. Es kann nicht schaden, einmal umzusteigen. Wohin, ist gleich. Das wird sich dann schon zeigen. Dann gehe man durch Straßen. Kreuz und quer. Und folge keinem vorgefaßten Ziele. Es gibt so viele Straßen, ach so viele! Und hinter jeder Biegung sind es mehr. Man nehme sich bei dem Spaziergang Zeit. Nach zirka einer Stunde ist's soweit. Dann wird es sein, als liefe man ein Jahr... Nun weiß man wieder, was man wissen muß,... ...daß man sich in der Minderheit befindet! Dann nehme man den letzten Autobus, bevor er in die Dunkelheit verschwindet … |