.
Treffen der Mädchengruppe Findorff mit
Astrid Lindgren in Schweden im Sommer 1993

Schaltkastenmalaktion mit Motiven aus den Lindgren-Geschichten

.
Fangen wir mit der Dokumentation über die Schalkastenmalaktion an.
Farblich gestaltet werden hier die Kästen in der Admiralstr./ Ecke 
Herbststr. und in der Herbststr. / Ecke Lilienthaler Str. mit Pippi 
Langstrumpf samt Pferd, einer Landschaftszene mit Famile in
historischem Gewand (wohl aus "Michel aus Lönneberga") und in der 
Herbststr. mit der Villa Kunterbunt.
Die Mädchengruppe hatte sich sozusagen das Thema Astrid Lindgren
als Saison-Thema vorgenommen, was in der persönlichen Begegnung
mit Astrid Lindgren ihren Höhenpunkt fand. 
.
.
Part 1  7:13  min
.

.
.
Part 2:  8:01 min


.
.
Part 3:  8:57 min


.
.
Zu den Lindgren-Kinderbüchern muss man ja wissen, dass sie ja in der
Zeit der 30er-60er Jahre erdacht wurden und entstanden sind. Eine Zeit, 
in der Kinder in aller Welt noch nichts zu lachen, geschweige denn etwas
zu sagen hatten, ganz besonders nicht im Deutschland der 30er und
40er Jahre. 
Auch die 50er und 60er Jahre waren, bedingt durch die oft noch sehr 
konservativ strengen Elternhäuser stark reglementiert. Das gesamte 
Nachkriegseuropa von Berlin über London bis Moskau war, bedingt durch
die Kriegseinwirkungen trist, grau und eingeschüchtert.
Schweden war da ein wenig anders. Schweden war schon in den 30er
Jahren verhältnismässig modern und pädagogisch fortgeschritten, bzw.
toleranter und gleichberechtigter innerhalb der Familien, also nicht so 
hierachisch geprägt wie in Deutschland durch den Einfluss Preußens. 
Selbst Nils Holgerson aus dem Jahre 1906 hatte ja schon pädagogischen 
Charakter, bei dem sich die Handlung betont um die Würde der Natur
rankt und um den Umgang mit den Mitbewohnern und Mitlebewesen
darin. Sie zu achten und besser zu verstehen. Zudem ist Holgersson
eine intensive Huldigung an die Heimatlandschaft Schwedens, die im
Roman eine ausführliche Beschreibung erfährt. 

Schweden hat, auch heute noch, im Verhältnis zur Landfläche, eine 
ausgesprochen geringe Einwohnerzahl (grob ca. 1/10 der Einwohner 
Deutschlands) - und daher geniesst man in Schweden natürlich relativ 
hohe individuelle Freiheiten auf seinem eigenen Grundstück mit
Bootsanleger, weil sich eben so schnell kein eng nebenan wohnender
Nachbar gestört fühlt. Ähnlich wie in Kanada.
Man lebt also in Schweden, bis hoch nach Lappland, seit jeher und 
gezwungener Massen im Einklang mit der Natur - und das verschafft den
Menschen dort wohl eine gelassene und befreite Mentalität. Nach dem
Motto: "Was heute nicht ist, ist morgen".
Allein die Entfernung zur nächsten Kleinstadt ist gross und zur nächsten 
Grossstadt, z.B. Stockholm, ist sie im Verhältnis wahrlich riesig gross.

Erst recht entsprechend weit waren die Entfernungen in den Jahren um
1900 und noch in Jahrzehnten danach. Aufgrund gering ausgebauter
Infrastruktur nur schwer und selten zu überbrücken.
In den 10er-50er Jahren, vor allem in der Kindheit und Inspirationszeit
Astrids also, war das weite Land Schwedens und war die Welt von Pippi,
Michel und den Bullerbü-Kindern vergleichbar mit der, auf der Schweizer
Hochalm lebenden Heidi. Ein Stück Heimatromantik vom Ende der Welt.
 

Findorff im Jahre 1993

Zum Jahre 1993 in Bremen-Findorff lässt sich sagen, dass das im
Nachhinein - 15 Jahre später und im Vergleich zu Stadtteilstrukturen
heute - auch schon so eine Art Bullerbü gewesen ist, was damals eben
nur keinem Beteiligten, bzw. Stadtteilbewohner bewusst geworden ist. 
Jedenfalls mir nicht. ;)
Der Wochenmarkt nebenan samt Butterfrau - eine Art "Oma Blümchen",
der Antikmöbelhändler, der im Sommer oft vor seinem Haus sass, das 
Pastoren-Ehepaar a.D., das Postamt mit kleinem Treppeneingang, all
die durchaus gebildteten, unterhaltsamen und sozial sehr engagierten
und immer ansprechbaren "Tante Emmas" in den Geschäften und Laden-
räumen, der Einradfahrer Anfang der 80er, das Nachbarkind auf dem 
Dreirad, die Eisdiele, das Dampflokdenkmal, der Spielplatz mit eben
dieser Nachmittagsmädchengruppe, die tägliche Oma mit dem Pudel,
die Katzen schlafen im Schaufenster und in der Ladenecke sitze ich als 
20jähriger auf dem Holzschaukelpferd, was mein Vater einst selbst
gebaut hat. Scheinbar keine strukturellen, keine gesellschaftlichen,
ja nicht mal private Probleme.

Eine hohe Urbanität mit zugleich hohem kulturellem Level wird definiert
durch ein hohes Bildungs- und Allgemeinwissen-Niveau der Bewohner
und Arbeiter bis hin in die einfachen Tätigkeiten. Das war das Ziel und die
Vorstellung und auch der Usus der 70er-90er Jahre. Eine Welt von Peter
Lustigs Löwenzahn. Jeder Arbeiter - jeder Mensch und Bürger eben - 
war literarisch, geografisch oder sonst wie passionistisch gebildet oder
bemühte sich zumindest darum und jeder Postbote (z.B. Pitje Puck) hatte
einen ausgeprägten Sinn für Humor und versprühte unbändige Lebensfreude
auf klingeldem, ökologisch wertvollem Fahrrad. Heute, alles in einem, fast
eine unbewusste Inszenierung von Urbanität in der Gesellschaft. 
Natürlich sehr schön und gemütlich, eigentlich auch erstrebenswert, aber 
im Sinne globaler Prozesse und Veränderungen eben leider doch kein
Modell mit dauerhaftem Bestand. Jedenfalls nicht mehr für den Einzelnen
über Jahrzehnte am gleichen Ort.
.
.
Virtuelle Helden der Literaturgeschichte

Literarisch war 1993 Harry Potter noch nicht geboren und Potter mischt
die Welt in den Geschichten heute um einiges kräftiger und subversiver
auf, sein Wirkungsgrad ist also um einiges grösser, als es Pippis 
Einflussvermögen gewesen ist. Das ist der Unterschied zu damals:
Lindgrens Geschichten wie "Michel" und "Bullerbü" stammen aus insich
abgeschlossen, ländlich-familiären Siedlungsstrukturen. Kurz gesagt: Sie 
bilden ein Idyll.
Immerhin war Pippi schon ein Vorreiter heutiger, z.B. vaterlosen Kind-
heiten, aber auch das eben sehr "kunterbunt" aufbereitet, also immer
noch eingebettet in eine stark abgrundete, tragende, heimatliche Basis.
Ronja kann man noch etwas tiefenpschyologischer betrachten und deuten, 
dennoch haben die Räuber aus dem Wald ihr Zepter heute eher an die
Hexen und Zauberer aus weitaus umfangreicheren Fantasy-Welten abge-
geben... alles hat eben so seine Zeit. Nur die Archetypologien selbst
bleiben bestehen und faszinieren wieder die nächsten Generationen.

Ich meine, mal folgende Story gelesen zu haben:
Ein junges, schwedisches Mädchen sagte einmal:
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass es je eine noch
erfolgreichere schwedische Kinderbuchautorin geben wird,
als Selma Lagerlöff (Nils Holgerson)."
Name des Mädchens: Astrid Lindgren.
 

Zum Film  "Auf den Spuren von Astrid Lindgren"

Wenn man sich hier mal das Innendesign des Raumes betrachtet, in 
welchem das Treffen mit Lindgren stattfand, so lässt sich darin vom
ach-so-modernen Schweden nichts, aber auch wirklich gar nix 
erkennen! Der Raum sieht aus wie eine Kantine in einer Fabrik im
ehemaligen Ostblock! Na gut, war ja auch im Jahre 1993. Dennoch
hätten die verantwortlichen Organisatoren vorher vielleicht mal im
unmöglichen Möbelhaus vorbeischauen sollen...?
Wenn man bedenkt, dass es sich hier um eine Vertretung des 
Literaturbetriebes handelt, die mit Verkaufsanteilen plus Merchandise
in Höhe vergleichbar mit Harry-Potter - oder auch nur Abba - agiert, so
fragt man sich, warum denn Lindgrens Verlag und deren Manager 
nicht allerwenigstens mal einen, wirklich den Kindern und passend 
zu der zu promotenden Literatur, gerecht werdenden Raum organi-
sieren und bereitstellen konnten? Einen Raum z.B. mit gelben und
roten Sitzkissen, mit Getränken und Knabbereien, mit ausgelegten
Büchern und dekorierten Figuren, mit fröhlich bunten Bildern an der
Wand...einen Raum halt, der wenigstens ganz normalen erwachsenen
Erwartungen in der Vorstellung von Stühlen und Tischen, mindestens 
aber der Persönlichkeit Lindgrens in der Würdigung ihres epochalen
Werkes und am Ende auch ganz lapidar dem Verlagsprogramm ent-
gegenkäme...? 
Irgendeinen Hauch von Modernität, von Wohlfühlästhetik wenigstens? 
Nein, geht nicht. Wahrscheinlich zu umständlich. Wozu die Mühe. 
Lohnt sich nicht extra. Wohl pädagogisch nicht wertvoll genug. Oder 
zu teuer. Denn Ästhetik allein bietet ja keine wirtschaftliche 
Perspektive...fragt sich nur: Was bietet überhaupt eine wirtschaftliche 
Perspektive? Richtig: So gut wie gar nichts! Aber das ist eine andere
Geschichte und soll woanders erzählt werden... :P

Kinder, Kinder, es gibt viel zu tun - auch heute noch - packt es an! :)
Die Pippi Langstrumpf Darstellerin ist hier im Film jedenfalls sehr
munter drauf, kommt uns entgegengehüpft und die Kinder freuen
sich alle mit! Überhaupt ist die fröhliche Motivation der Kinder hier 
regelrecht ansteckend. :-D 
Wirklich erlebenswert!  Viel Spass dabei!
.
In diesem Clip ist die Schaltkastenmalkation nochmal in Zusammen-
fassung zu sehen sowie ein kleiner Flohmarkt an der Eickedorfer Str.
.
.
- Auf den Spuren von Astrid Lindgren -
..7:41 min

.

..
.
.
.
.
.
.