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Der Flügelbewachsene
            
             (In Anlehnung - und hier in Gedichtform - an eine Kurzgeschichte
                        von Michael Ende aus "Der Spiegel im Spiegel")


               Einem waren Flügel gewachsen,
               wirklich - ohne Faxen!
               Ein langer Prozess war's gewesen.
               Er war jetzt bereit, dem irdischen Leben
               zu entschweben.
               Er war nun zum höheren Wesen genesen.
               Doch wie's immer so ist -
               die letzte Prüfung zum Himmelstor,
               die stand ihm noch bevor!
               So ein Mist!

               Er überlegte, was das wohl sei, denn der Weg von der Klippe:
               Scheinbar ganz frei...
               Und bereits stehend am Rande, fühlte er sich sehr sicher dabei.
               So stand er im Sande...

               Da kam Einer, der vermochte noch nicht zu Fliegen ansich,
               aber durchaus etwas hinzuzufügen!
               Denn dieser gab ihm, sinnierender Weise, ein kleines Paket:
               "Nehmt das bitte mit für mich, wenn ihr auf Reise geht!"

               Ganz klar - die Prüfung!
               "Natürlich! Gerne!" (Ob der Reifung).

               Und ein weit'rer Manne kam, ihm einen silbernen Degen
               ganz sachte in die Hände zu legen:
               "Um zu kämpfen im Fall der Fälle -
               ist gut und nützlich, ist brandneu - hat keine Delle!"
               Der Flüglige bedankte sich artig für den plötzlichen Segen
               und dachte: "Nun aber hurtig, nun aber schnelle!"

               Da kam noch des Weges ein Jemand
               und gab, mit Rat und Tat und Spruch,
               ein Päckchen mit am Rand:
               "Damit Du uns unten nicht vergisst, wenn Du erst da oben bist".
               Und: "Hüte es und hege's! Und mach keinen Bruch!"
               Seine Antwort:
               Er befolge es "gerne und gut" und er bekam noch'n Tip:
               "In der Ferne sei immer auf der Hut!"
               Und: "Du darfst weg - mensch, Du darfst fort,
               Du hast's gut!"

               Bestärkt und endlich zuversichtlich klug nahte nun sein Abflug.
               Doch vorerst nahte noch Einer, der gab ihm ein paar Tragetaschen,        
               dass ihm nichts verloren gehe in den Maschen.
               Und damit er wieder habe freie Hände,
               desweiteren auch noch zwei nützlich Gegenstände
               für die himmlischen Wände.
               Eines grösser, eines kleiner...

               So sprachs: "Ach, nimm's mit - tu uns den Gefallen,
               denn Du steigst auf von uns Vasallen!
               Bist nicht mehr von uns Einer..."

               Er tat's nun wagen!
               Er flog nun ab, das heisst er sprang -
               und sie riefen zu ihm hin in ihrer Not und mit Gesang:
               "Du hast's leicht - mit uns ist's nicht weit her -
               Du darfst entfliehen über's Meer,
               darfst entkommen diesem irdischen Tümpel..."

               Was soll ich Euch sagen?
               Er fiel sofort in den Tod mit all dem Gerümpel!
               Denn damit war er zu schwer!!!

               (Und mal ganz unter uns: "Obwohl der Krempel sehr gewichtig -
               war er dennoch völlig nichtig!")
 

März 2002
         

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