Friedrichshain
Im Tal der Fensterschluchten, am Rande, dort wo sich der Unrat häuft, dort wo Kommendes sich niemals hinverläuft, brennt die Sonne juliheiss in eine alte Regentonne, die in einem Hofe lehnt und besseren Zeiten sich entgegensehnt. Eine schwarze Katze, die grad dort kam sieht mich eiskalt fragend an: Bist du jung oder alt? Bist du Frau oder Mann? Der Stein verfällt in verewigte Geschichten und hält sich nachts noch warm. Das Unkraut wird bald schon drüber richten. Ein Pärchen Arm in Arm. So weit weg von mir. Ihr - so sagt doch mir: Wo bin ich hier? "Friedrichshain" reimt sich auf "allein". Auf der Brücke verfolgen mich Erinnerungsbruchstücke, doch zum ganzen Sinn bleibt bei so Vielem eine Lücke. Die Warschauer im Abend-Wolkensturm, Rotes Rathaus, "Inn" und Alexanderturm, Flugzeuge kreuzen stets den Äther... Bin ich Opfer oder Täter? Die Vergangenheit überwuchert jedes stillgelegte Gleis und jeden Weg nach vorn mit so sehr strengem Fleiss. Ich möchte irgendwem entgegengehen und lauf' doch immer nur im Kreis. Durch Strassen mit so vielen Enden, welche münden in Alleen - ich werde nichts davon mehr wiederfinden und nichts darin mehr wiedersehen! Bei irgendeiner Ostkreuzbar bellen die Hunde von Suburbia. Der Glanz ist niemals aussen, immer innen! Ich bin draussen. Wer ist drinnen? Die Stadt in mir ist menschenleer. Wann zog ich einst her? Ich kann mich nicht erinnern. Die Luft ist heiss, beginnt zu flimmern... "Fort - nur fort!" schreit die Eisenbahn bei Universal und am Hafenkran. Hinten eine Ufergrille trillert. Glas allianzblau sich im Wasser schillert. Das Riesenrad ist längst verrostet. Wessen Liebe hat's wohl einst gekostet? Heute Nacht hab' ich geträumt: Ein Mädchen besuchte ihren Freund. Es war wohl so um die Jahrhundertwende, irgendwo im Stadtgelände... Wird es ihr Glück bringen? Wird sie ein Lied darüber singen? Wird es sie erfreuen? Oder fühlt sie sich allein? Dann will, auf seidenen Schwingen, ich in Gedanken sie nach Hause bringen... Juli 2005 |