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Berlin - Westend, Olympische Brücke
April
2023
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AKE
- TEE
Musikalisch wurde der Mythos "Eisenbahn"
natürlich oft verarbeitet.
Eine ganz direkte Hommage an den
Trans-Europ-Express gab's bekanntlich von
Kraftwerk: Trans-Europ-Express.
Weitere schöne Zugreise-Beispiele sind:
Was bei den Kompositionen dieser
Eisenbahnlieder prägnant ist, ist der schnelle
Rhythmus, der natürlich dem Rhythmus der in
hohem Tempo arbeitenden Dampfmaschine
entlehnt ist, sowie dem Rhythmus des Holperns
und Schlagens über die Schienenfugen, gepaart
mit sich regelmässig wiederholenden Fahrtwind-
und Signalgeräuschen,
ingesamt also vom "Stahlgewitter-Rhythmus" der
Industrialisierung und Mechanisierung stammt,
aber zugleich liegt immer auch der Style der
Country- und Western-Musik
darin, enthält zumindest Elemente oder einen
Anklang davon: Das rhythmische Gallopieren auf
Pferden durch die Weite der Prärie, das Zähmen
jener Wildpferde, das
Erschliessen noch unberührter, nahezu
unendlicher Horizonte und Wüstenei durch die
ersten Siedler in ihren Planwagen, die
abendliche Lagerfeuerromantik in der Fremde.
Hier mit Ausnahme von Kraftwerks "TEE", welches
eher kantig-robotisch als schwunghaft-maschinell
aufgebaut ist. Die Robotik ist natürlich immer
Kraftwerks Hauptstilrichtung
gewesen, beschreibt also eher die arbeitende
Hardware ansich, als dass die sinnliche
Wahrnehmung im romantischen Kontext beschrieben
wird. Bekannte Ausnahme bzw.
schlicht ein etwas anderer Stil bei Kraftwerk
wiederum "Autobahn", welches sehr schwungvoll
ist, im Sinne von sich abwechselnden melodischen
Höhen und Tiefen und deren
auf- und absteigenden Variationen, eben mehr
"Synti" als "Techno", und sich somit als Autobahn
ebenso perfekt in den "Fahrtrhythmus" der
anderen Songs einreiht.
Abschliessend noch ein Gedicht von Joachim
Ringelnatz, der hier vor Ort - von dieser Brücke
quasi nur ein Steinwurf weit entfernt - in
seinen letzten vier Lebensjahren
als Hauseingangs-Nachbar von Max Schmeling
wohnte:
Ein Sauerampfer
auf dem Damm
Stand zwischen
Bahngeleisen,
Machte vor jedem
D-Zug stramm,
Sah viele Menschen
reisen.
Und stand verstaubt und
schluckte Qualm
Schwindsüchtig und
verloren,
Ein armes Kraut, ein
schwacher Halm,
Mit Augen, Herz und Ohren.
Sah Züge
schwinden, Züge nahn.
Der arme
Sauerampfer
Sah
Eisenbahn um Eisenbahn,
Sah
niemals einen Dampfer.
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